Bericht über Sonntag, 23.06. und Montag, 24.06.2013
Am Sonntag bin ich mit dem Fahrrad in die Innenstadt gefahren, um ein bisschen zu bummeln (haha, weiß eigentlich jeder, was damit gemeint ist? :D).
Es wird allgemein gesagt, dass in Kyoto das Fahrrad als Fortbewegungsmittel am praktischsten ist. Busse sind meist überfüllt, kommen nicht pünktlich und wenn man in einen anderen Bus umsteigen will, muss man doppelt bezahlen. Ich bin auch sehr froh, dass ich hier ein Fahrrad habe und fahre fast jeden Tag damit. Auch ans andere Ende der Stadt kommt man mit dem Fahrrad.
Allerdings ist es in Kyoto auch etwas gefährlich, mit dem Fahrrad unterwegs zu sein. Erstens gibt es viele kleine, enge Straßen, ohne Fuß- oder Radweg und die um die Ecke kommenden Autos kann man meist gar nicht sehen. An vielen Kreuzungen sind deswegen Spiegel angebracht. Am Rand der großen Hauptverkehrsstraßen gibt es auch breite Fußwege, die manchmal auch eine Fahrradspur haben, aber die Fußgänger laufen eh dort, wo es ihnen gerade gefällt. Damit kommen wir zu den Dingen, die mich beim Fahrradfahren aufregen. Selbst wenn man schon von weitem klingelt, machen die meisten Fußgänger nicht Platz. Sie drehen sich zwar um und sehen, dass da ein Fahrrad kommt, aber bewegen tun sie sich nicht. Wenn man auf der Straße fährt (auf der linken Seite!), stehen am Rand auch ganz viele parkende Autos, an denen man vorbei muss und ständig fahren große Busse an einem vorbei. Also weiß ich nie so recht, ob ich auf dem Fußweg oder auf der Straße fahren soll. Ich wechsel dann immer je nach Situation.
Hier kann man den Radweg erkennen... |
... aber hier? |
Noch schlimmer als die Fußgänger sind allerdings die anderen Fahrradfahrer! Mir ist aufgefallen, dass hier alle extrem langsam fahren. Kyoto hat sowieso den Ruf, eher eine ruhige und gemütliche Stadt zu sein im Vergleich zu anderen Großstädten Japans. Jedenfalls gibt es unter den Jugendlichen sehr viele, die während des Fahrradfahrens nicht nur mit dem Handy telefonieren, sondern mit dem Smartphone Mails schreiben/ facebook checken etc. Beim Telefonieren kann man ja noch auf die Straße gucken, aber so schauen sie nur auf das Display! Des Weiteren fahren ganz viele Schüler mit dem Fahrrad nebeneinander und plaudern und man kommt wieder mal gar nicht vorbei. Am schlimmsten aber sind die Situationen, wenn man (wie es vorgesehen ist) auf der linken Seite der Straße fährt, und von vorne auf der gleichen Seite ein Fahrrad kommt! Obwohl die eigentlich auf der falschen Seite fahren, weichen sie oft nicht aus, und so muss ich noch näher an die Autos heranfahren. :(
Von meinen Beschwerden, zurück zu meinen Ausflug in die Innenstadt:
Als ich zurück zu meinem Fahrrad ging, war es nicht mehr da! Besorgt, dass es geklaut wurde, war ich nicht. Denn bei der Einführungsveranstaltung wurde uns schon gesagt, dass wenn wir unser Fahrrad falsch parken, es von der Stadt eingesammelt wird und man es abholen muss. Ich hatte es nicht in die Fahrradparkstation gestellt, sondern vor einen Laden, wo schon ganz viele andere Fahrräder standen und ich es auch nicht das erste mal tat. Normalerweise sind die Fahrradparkstationen total überfüllt und man findet gar keinen freien Platz mehr, aber an diesem Tag war noch etwas frei und das wurde wahrscheinlich zu meinem Verhängnis. Obwohl in Kyoto alle mit dem Fahrrad fahren, gibt es nur sehr wenige Orte, wo man sein Fahrrad parken kann (und vor allem darf). Man darf es nicht einfach so an den Rand stellen (wo es niemanden stören würde), sondern nur an ausgewiesenen Plätzen. Dort muss man aber meistens Geld bezahlen. Das Fahrrad stellt man in einen Fahrradständer, wo dann automatisch ein Schloss zuklappt. Erst wenn man am Parkautomaten bezahlt hat und seine Ständernummer eingetippt hat, öffnet sich das Schloss. Vor Supermärkten gibt es auch Parkplätze, da stehen extra Angestellte davor, die einen einen Platz zuweisen und die Fahrräder dicht zusammenrücken, damit noch mehr Platz ist. An meiner Universität komme ich jeden Tag an 4-6 solcher Angestellter in blauen Uniformen vorbei, die mir den Weg weisen, Guten Morgen wünschen und nachdem ich mein Fahrrad abgestellt habe, es zurechtrücken. Finde ich ja ganz schön übertrieben, aber so kann man auch Arbeitsplätze schaffen...
Wenn möglich, parke ich mein Fahrrad kostenlos bei einem Supermarkt, aber es ist ja nicht immer einer in der Nähe.
Also: Schwerer Rucksack vom Einkaufen, Fahrrad weg. Im Moment konnte ich erstmal nichts machen, aber da es nicht mein eigenes Fahrrad war, war ich sehr beunruhigt. Als Selbstbestrafung, dass ich nicht die 100 Yen fürs ordnungsgemäße Parken bezahlt habe, bin ich den ganzen Weg nach Hause gelaufen, was 2 Stunden gedauert hat. Ich wollte niemanden, vor allen nicht den Hausmanagern, zur Last fallen und so habe ich erstmal selber im Internet recherchiert, wo und wie ich mein Fahrrad zurückbekomme. In Kyoto gibt es 7 verschiedene Fahrradsammelstellen, je nachdem, wo es eingesammelt wurde, kommt es zu dem jeweiligen Ort. Dort muss man sich ausweisen, seinen Fahrradschlüssel mitbringen und 2300 Yen (ca. 18 €) Strafe bezahlen. Na gut, damit konnte ich leben, solange ich mein Fahrrad zurückbekomme. Ich konnte der japanischen Webseite leider nicht entnehmen, zu welcher Stelle mein Fahrrad gebracht wurde, also bin ich am nächsten Tag nochmal zum Ort des Geschehens gegangen.
In den Orten, wo es verboten ist sein Fahrrad zu parken, gibt es sehr unauffällige grüne Schilder, die darauf hinweisen. Außerdem gibt es ein Schild, dass den Ort verrät, wo und wie man sein Fahrrad zurückbekommen kann (sogar mal mit englischer Übersetzung; gibt wahrscheinlich sehr viele Ausländer, denen das passiert. Woher sollen die das auch wissen?). Meine Sammelstelle war zum Glück nicht in einem Randbezirk, sondern genau in der Mitte auf dem Weg vom Wohnheim zum "Tatort". Also habe ich mich zu Fuß auf den Weg gemacht. Schon von weitem habe ich das große, mit Stacheldraht umzäunte Gelände ausfindig machen können. Der Menge der Fahrräder nach zu urteilen, verdient die Stadt sehr viel Geld mit den Fahrrädern. Allerdings muss ja auch der Abtransport und die Angestellten an den Sammelstellen bezahlt werden... Am Ende geben sie vielleicht mehr Geld aus, wer weiß.
Am Eingang war ein kleines Wachhäuschen, da musste ich ein Formular ausfüllen. Wo, wann habe ich mein Fahrrad abgestellt, wie sieht es aus, Name, Adresse etc. Alles auf Japanisch, ich bin sehr stolz auf mich, dass ich das geschafft habe. xD Ich frage mich, wie das die anderen Touristen machen, der Angestellte konnte jedenfalls nur Bruchstücke Englisch. Ich musste auch gleich die Strafe bezahlen, ohne zu wissen, ob mein Fahrrad überhaupt da drinnen steht. Ein anderer Mann führte mich an den Reihen von Fahrrädern vorbei, die nach Datum sortiert waren. In der letzten Reihe stand mein Fahrrad! Ich sollte mit meinem Schlüssel das Schloss öffnen, dann wurde das Fahrrad noch mit einem Lappen kurz geputzt und ich konnte damit nach Hause fahren.
Das ganze lief ziemlich schnell und problemlos ab, habe ich gar nicht erwartet. 13 Uhr Fahrrad geparkt, 17 Uhr zurückgekommen, war nicht mehr da - am nächsten Tag um 12 Uhr hatte ich es wieder. Und ich war so froh, das Fahrrad wieder zu haben! Zur Uni zu laufen dauert nämlich so lange.. ;-)
Viele Japaner holen ihr Fahrrad gar nicht mehr ab, denn man bekommt Gebrauchte schon für 3000 Yen und so spart man sich die Mühe (und das Busgeld) mit dem Abholen. Wenn man sein Fahrrad nach 4 Wochen nicht abholt, werden sie entfernt (was genau mit ihnen passiert, weiß ich nicht).
In Zukunft habe ich mir vorgenommen, mein Fahrrad immer brav in die Parkstation zu stellen. Aber jedes Mal, als ich wieder da war, war schon alles belegt. Also bleibt mir nichts anderes übrig, als es daneben zu stellen und zu hoffen, dass es später auch noch da steht.
Dieses Wochenende war ziemlich schrecklich, da niemand zur Wanderung mitgekommen ist, mein Fahrrad verschleppt wurde und mein Laptop endgültig nicht mehr angegangen ist! Die nächsten Tage war ich auch noch ziemlich erschöpft...
Aber jetzt geht's mir ja gut, habe nur noch zwei Schultage! :-D
Liebe Grüße, eure Tina-chan
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen